Risse in der Wandecke

„Es hatte alles so schön geklappt. Und jetzt, nach knapp zwei Jahren, zeigen sich Risse in der Innenecke zwei Wände. Was haben wir falsch gemacht?“

Was haben wir hier? Ein Jahrhundertwendehaus, eine gemauerte Treppenhauswand, eine daran senkrecht anstoßende Gipskartonwand aus den 1980ern. Es wurden die Tapeten entfernt, Löcher geschlossen, die Fugen der Gipskartonplatten mit Gips-Fugenmaterial ausgebessert und anschließend mit einer körnigen Grundierung vorbehandelt. Dann folgte ein 3 mm dünner Lehmoberputz. Er wurde für eine feinkörnige Oberfläche mit dem Schwammbrett gerieben. Darauf folgten zwei Anstriche mit Silikatfarbe. Die Flächen sehen nach wie vor gut aus.

Was wurde am Wandanschluss gemacht? Nichts.

Genau das war´s. Es ist ein typischer Riss, wenn Trockenbauwände an Mauerwerk grenzen, nicht nur im Lehmbau. Man hätte in den Wandanschluss ein Gewebeband einarbeiten können. Das geht oft gut, bei starken Bewegungen der Bauteile könnte es dennoch zu Rissen an den Rändern des Gewebes kommen, also neben der Ecke. Auf keinen Fall sollte eine breite Gewebebahn aus Jute, Flachs o.ä. um die Ecke gearbeitet werden, sondern nur schmale Streifen. Das pflanzliche Material reagiert auf Luftfeuchtewechsel. In der Fläche spielt das keine Rolle. An sehr trockenen Tagen verkürzt sich das Gewebe und könnte die Ecke „abkürzen“. Bei schmalen Streifen geschieht das nicht. Glasfasergewebe nimmt keine Feuchte auf und verändert sich dem entsprechend nicht. Ich vermeide es trotzdem, wenn es geht.

Am konsequentesten wäre es, mit dem klassischen Kellenschnitt eine saubere, gerade Linie in die Ecke zu ziehen. Damit wären die beiden Wandflächen von einander getrennt. Bewegungen der beiden Wände würden nicht auffallen. Der Kellenschnitt wirkt wie ein Riss, sieht aber anständig aus.

Natürlichhätte man wieder Tapete kleben können. Dann hätte man das Problem nicht. Andererseits wäre das eine andere Gestaltung.

Was man alles über einen kleinen Riss schreiben kann…